Um vier Uhr klingelte unser Wecker im Hotel am K‘ari lič und ein sternenklarer, kalter Nachthimmel zeigte sich vor der Hoteltür. Noch halb im Schlaf würgten wir unser mitgebrachtes Frühstück herunter um immerhin etwas im Magen zu haben, zogen die Wanderkleidung an und torkelten nach einer halben Stunde aus dem Hotel. Schon nach wenigen Metern hörten wir Hunde bellen und knurren weswegen wir die Richtung nach Osten änderten und so ungeplant die Route änderten. Anstatt über die Hänge zum Südgipfel aufzusteigen, nehmen wir nun den Aufstieg über den Südgrat, der auf der unserer sowjetrussischen Karte Хребет Каракатар (Khrebet Karakatar) heisst. Wie heraus stellte war das schlussendlich die schönere auf den Südgipfel. Zuerst wanderten wir über Grashänge, danach über Geröllhänge auf den Grat. Nach fünf Minuten stand plötzlich ein grosser, weisser und sehr freundlicher Hirtenhund neben uns der uns während der halben Tour begleiten wird. Exakt als sich ein Silberstriefen am Osthorizont zeigte, erreichten wir P.3460m auf dem Südgrat. Der kecke Gratgipfel hat einen mächtigen Steinmann den man schon aus mehreren Kilometer bei tageslicht sieht. Der Grat ist meistens einfaches, aber wegloses Wandergelände und nur an wenigen Stell sind kleinere Felsstufen zu umgehen. Unterwegs zum Südgipfel erlebten wir einen prächtigen Sonnenaufgang so dass wir gleich zusammen mit den ersten Sonnenstrahlen eine Rast einlegten was auch unserem vierbeinigen Begleiter gefiel. Trotz der Morgensonne war es recht kühl als wir den Südgipfel erreichte – wohl auch weil hier oben eine stärkeres Lüftchen blies. Deshalb rasteten wir nicht allzu lange auf dem niedrigsten der vier Aragac-Gipfel und stiegen über einen steilen Pfad in den Sattel zwischen Süd und Westgipfel ab. Hier fühlte es sich an wie in einem Windkanal und es war eisig kalt. Wir fanden im Sattel glücklicherweise eine windgeschützte Stelle und Rasteten nochmals vor dem Aufstieg zum Westgipfel.
Der Aufstieg über die steile Südflanke zum Westgipfel sah zuerst nach mühsamem Kraxeln durch Geröll aus. Zum Glück entpuppte sie sich als gut begehbar und eindeutige Pfadspuren leiten zum Gipfel. Im oberen Teil sind noch einige Felsstufen im Weg welche aber nicht einmal anspruchvolles Bergwandern sind. Auf dem Gipfel rasteten wir in der Sonne als unser Hund auch einen Weg im felsdurchsetzten Gelände fand und sich nun neben uns ausruhte. Zur Belohnung bekam er von mir ein Stück Wurst. Wir wussten nun jedoch nicht, ob wir weiter in den Sattel zwischen West- und Nordgipfel dem Grat folgten konnten und versuchten es einfach. Doch schon nach etwa 50m Abstieg standen wir vor einem Steilabbruch der nordseitig verschneit war. An zwei verschieden Stellen versuchten wir getrennt voneinander herunter zu steigen aber das frisch verschneite, sehr steile und haltlose Gelände war heikel und extrem mühsam begehbar. Um keine Zeit zu verlieren suchte ich eine andere Stelle die ich in der Südflanke fand. Ich informierte David und er meinte es sei wohl auch die bessere Lösung obwohl wir so mehr Höhenmeter verlieren würden. Also rutschten wir über einen steilen Geröllhang die Hänge des Kraterinnerrandes herunter und querten anschliessend unter dem Sattel zwischen West- und Nordgipfel. Schön war das Teilstück nicht zu begehen doch nun stand uns nichts mehr im Weg für den höchsten Gipfel des Aragac.
Um keinen Umweg zu laufen, steuerten wir die Südflanke des Hauptgipfels höher als der Sattel zwischen diesem und dem Ostgipfel. Als wir unter der Südflanke standen war unser Hirtenhund nun doch zu müde um weiter mitzulaufen. Er schloss sich einer deutschen Touristin an die ebenfalls nicht mehr bei vollen Kräften war. Ohne den Hauptgipfel zu erreichen, kehrten die beiden in Richtung K‘ari lič um. Die Südflanke schien unendlich lang doch wir kamen flott voran. Das Gelände wurde mit jedem Höhenmeter steiniger und zum südlichen Vorgipfel hin verschwand die Vegetation vollends. Dabei überholten wir zwei weitere Deutsche und ihr armenischer Führer die ebenfalls von einem Hund begleitet wurden. Die Touristin welche unseren Hund mitnahm, gehörte ebenfalls dieser Gruppe an. Als wir auf dem Vorgipfel war das Gipfelkreuz in greifbarer Nähe, nur noch ein luftiges Gratstückchen trennte uns noch vom höchsten Punkt. Der zweite Hund hat sich inzwischen auch uns angeschlossen und versuchte sogar mit uns über den Grat zu gelangen. Der Schlussaufstieg war wegen der einfachen Kletterei besonders schön und so standen wir endlich auf dem Dach Armeniens mit dem grossen, silberfarbenen Gipfelkreuz. Sogar der Vierbeiner fand einen Weg im anspruchsvollen Alpinwandergelände! Die Deutsche Gruppe und einige Tschechen die nachkamen, gaben sich alle mit dem Vorgipfel zufrieden. Glücklicherweise, so dachte ich, hat es ein etwas anspruchsvolleres Gratstück zu richtigen Gipfel so dass nicht jedermann einfach hoch spazieren kann. Wir rasteten nun ausgiebig und genossen es auf einem Gipfel zu sitzen auf dem kein höherer Berg in einem grossen Radius steht.
Mit der gebührenden Portion kletterten wir zurück zum Vorgipfel und beobachteten wie der Hirtenhund in der Flanke seinen Weg fand. Dort schloss er sich wieder den anderen Touristen an und wir stiegen auf dem gleichen Weg knapp hundert Meter ab. Eine steile Geröllrinne öffnet sich hier so dass wir rasch in Richtung Kraterboden abrutschen konnten. Leider war der Spass zu schnell vorbei und so eierten wir über Lavabrocken zurück bis unter den Sattel von Nord- und Südgipfel. David war inzwischen recht müde so dass er für den Wiederaufstieg durch das Kraterbecken zum Sattel zwischen Süd- und Westgipfel etwas länger benötigte. Auch ich hatte nun müde Beine und war froh im Sattel nochmals zu rasten. Zum Glück mussten wir danach nicht einmal ganz auf den Südgipfel steigen um zum Hotel zurück zu gelangen. Dennoch zog sich der Abstieg in die Länge den die Horizontaldistanzen am Aragac sind lang auch wenn es auf unserer 1:100000 Karte nicht danach ausschaut. Von der netten Dame im Hotel bekamen wir ein Tee spendiert während wir auf das Taxi warteten.
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