Um 3:30 Uhr klingelte im Zelt mein Wecker und mein schönster Tag auf Island konnte beginnen. Nach einer halben Stunde setzte ich mich aufs Fahrrad und fuhr über die Ringstrasse zum Parkplatz Sandfell. Es war hell und kein Auto begegnete mir. Ab und zu standen Schafe auf der Strasse und ich wusste nicht ob sie nach links oder rechts davonliefen. Neben Schafen hörte oder sah ich unterwegs zahlreiche Vögel die die Schwemmebene Skeiðarársandur besiedeln. Nach etwa einer Stunde war ich in Sandfell wo ich nochmals etwas ass und trank bevor es zu Fuss weiter ging. Auf meiner Karte war der Weg falsch eingezeichnet so dass ich schon zu Beginn erst einmal die Route suchen musste. Bald fand ich jedoch Pfadspuren und traf auf einen Steg über einen Bach. Nun wusste ich dass ich auf dem richtigen Weg war der nun auch klar sichtbar wurde. Das sandige Weglein führte nun stets bergauf über die Bergflanken von Sandfellsheiði und schon bald wurde die Aussicht mit jedem Meter phantastischer. Auf etwa 400m erreichte der Pfad ein kleiner Bach dem er einige Höhenmeter folgt. Es ist das letzte flüssige Wasser das man antrifft und so füllte ich meine Trinkflaschen nochmals auf. Nach weiteren 150m Aufstieg auf einer Höhe von etwa 550m erreichte ich schliesslich den Gratrücken Stóralækjargljúfur wo ich eine kurze Rast einlegte. Als ich weiter dem staubigen Pfad auf dem Gratrücken folgte endete bald die Vegetation und tauchte in eine Gröllandschaft ein. Das Gelände wurde nun zusehend wieder steiler bis man auf knapp 750m durch eine Felsstufe steigt. Hier eröffnet einem bei einem grossen Steinmann ein weites Geröllfeld. Zuerst war mir nicht klar wo es nun weiter gehen sollte und ich lief einfach über die Steinbocken weiter auf dem nun breiten Bergrücken. Bald traf ich jedoch wieder auf Wegspuren und Steinmännchen. Es folgte nun ein längeres Stück über die vulkanische Einöde mit wenig Steigung. Nach der Geröllwüste waren die letzten knapp 100 Höhenmeter zum Gletschereinstieg wieder steiler. Ich befand mich nun auf etwa 1050m und eine riesige Firnfläche lag vor mir. Auf dem Gletscher hatte es eine klare Spur und weit oben sah ich eine Zweierseilschaft. Ich rastete nochmals und montierte meine Steigeisen an die Bergschuhe. Die Dimensionen täuschen hier extrem, der Schneehang schien nicht besonders gross, doch sind es bis zum Kraterrand schlappe 750 Höhenmeter! So marschierte ich den nur etwa 20° steilen Hang hinauf und ich fragte mich stets wie weit es denn noch gehen würde da er gegen Oben wieder flacher wurde. Ich lieg bis zum Kraterrand mit lediglich einer kurzen Trinkpause und natürlich mit einigen Fotostopps denn die arktische Landschaft ist echt der Wahnsinn. Als ich schliesslich auf dem Kraterrad stand öffnete sich endlich die Sicht zum Hvannadalshnúkur am anderen ende des eisgefüllten Kraters. Nach links ist er geöffnet und das Eis fliessta ab wodurch sich dort enorme Gletscherspalten auftun. Obwohl auf der Karte die Route mittendurch die Spaltenzone führt, muss man in einem grossen Rechtsbogen zum Hvannadalshnúkur gehen was sicher einen Kilometer Umweg ist. Frisch nach einer Pause gestärkt lief ich durch die flache Eiswüste dem Gipfel entgegen wo mir in ältere Herr aus Deutschland entgegen kam. Er war sehr früh gestartet und sagt dass am Gipfel optimale Bedingungen seien. Als ich den ebenen, eisgefüllten Krater des Öræfajökull gequert habe, stand ich unter dem finalen Gipfelaufbau. Hier holte ich auch die zwei grossen geführten Gruppen der Isländischen Bergführer ein die zwei Stunden länger als ich von Sandfell bis hier hinauf brauchten. Auf einer gut angelegten Spur stieg ich nun in Richtung Gipfel wobei das steilste Stück etwa 30° Neigung aufwies und zwischen zwei Eiswänden durchführte. Zuletzt ging es noch kurz ein waagrechtes Stück zur letzten Schneekuppe wo sich einige Spalten versteckten. Die oberste Schneekuppe war nun rasch bestiegen und ich stand auf dem höchsten Punkt Islands! Die Aussicht war enorm und man konnte auf sämtliche Gipfel herunter sehen. In der einen Richtung grüsste das Meer über dem sich aber leider inzwischen einige Wolken gebildet hatten, gegenüber ist das riesige Gletscherfeld Vatnajökull aus dem nur wenige Gipfel aufragen. Es war nahezu windstill und die Temperatur war deutlich über 0°C. Dennoch verweilte ich nicht allzu lange oben da ich befürchtete dass der Schnee im Abstieg weich werden würde. So kam es dann leider auch nachdem ich wieder vom Kraterrand abstieg. Ich sank öfters bis zu den Knien ein und musste bei einer kleineren Spaltenzone besonders gut aufpassen. So war ich erleichtert als ich den Gletscher verliess und endlich wieder Vulkanboden unter den Füssen hatte. Der Abstieg nach Sandfell zog sich jedoch noch in die Länge, die Dimensionen in Islands Bergen sind halt viel weitläufiger als in den Alpen. Nun musste ich nur noch mit dem Fahrrad zurück nach Skaftafell fahren was aber mit den Erinnerungen an den grossartigen Tag ein Vergnügen war trotz den Kilometer in den Beinen.
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